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Gratwanderung auf der Nagelfluhkette

„... Grünüberpuderte Hügel liegen tief unten, hellbraune Fäden winden sich durch diese Märklinlandschaft, irgendwo in der Ferne glitzert die Sonne auf einem Dach. "Die Lust am Ausblick", denkt der Wanderer, "muß dem Menschen im Blut liegen. Ein Gen aus Steinzeittagen, spätestens aus der Raubritterzeit." Wer oben steht, kontrolliert das Geschehen. Eine schöne Aussicht verheißt gute Aussichten.
Mehr noch: Dem Himmel am nächsten glaubt mancher Gipfelstürmer sich ganz oben - durchaus im doppelten Sinn. Nicht ohne Grund toppt jede nur halbwegs gipfeltaugliche Anhöhe ein Kreuz: Stille und Weite stimmen empfindsame Seelen empfänglich für spirituelle Höhenflüge. Aber auch gestandene Materialisten sind so weit oben nicht ganz dagegen gefeit: Der Fels als Zeuge von Äonen, davor das bißchen Menschenlebenszeit - eine philosophische Provokation sind sie, die Berge. Jawohl.
Nur gut, daß die Wirklichkeit den Verwirrten alsbald auf den steinigen Boden zurückholt. Wer in Wanderstiefeln siedet, unter dem T-shirt kocht und in seinen Hosen dampft, wendet sich zwangsweise wieder irdischen Gegebenheiten zu. Und stellt fest, daß das Schicksal vor den Hochgrat erst noch das Rindalphorn gesetzt hat...“

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