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Michael Obert "Regenzauber - Auf dem Fluss der Götter"

Eine Flussfahrt durch Afrika haben schon viele unternommen. Eine solche Reise aber gab es noch nicht. Michael Obert, Reisejournalist aus Berlin, ist dem Niger von der Quelle in Sierra Leone bis zur Mündung in Nigeria gefolgt. Sieben Monate lang, 4200 km auf Pirogen, Frachtbooten und Pinassen, durch Guinea, Mali und den Niger.
Er trifft auf Piraten, geht mit auf Flusspferdjagd, wird Zeuge einer grauenhaften Hinrichtung und versohlt in Timbuktu einem dreisten Jungen den Hintern. Er isst Nilwaran, Krokodilhirn, Schuppentier und Buschhamsterratte. Bis ihn die Amöbenruhr erwischt - in einer Region, in der jeder Kratzer den Tod bedeuten kann.
Immer aber ist er auf der Suche nach dem Gott des Flusses, der verschiedene Namen annimmt, und verschiedene Gestalt, und die Alten, die Chiefs und Zauberer, weihen ihn ein in die Mythen ihrer Völker über die Entstehung des Flusses, der Götter und der Welt.
Ein Afrika tritt aus dem Nebel, so wild und archaisch, dass der Leser es längst verschwunden glaubte hinter Hochhausschluchten, Wellblechwüsten und Safarilodges. So bizarr sind die Szenen manchmal, so flirrend und zuckend die Bilder, als stammten sie aus Fieberträumen.
"Regenzauber" zieht den Leser vom ersten Satz an in seinen Bann: Sparsam die Metaphern, wohldosiert die wissenschaftliche Unterfütterung und die eingestreuten Kindheitserinnerungen, klug aufgebaut die Spannungsbögen. Ob Chatwin, Theroux oder Krakauer - mit diesem Buch hat Michael Obert sich in die erste Reihe der Großen seines Fachs geschrieben. Er ist ein sanfter Abenteurer, ein mutiger Reisender und, das wichtigste, ein begabter, ein leidenschaftlicher, ein großer Erzähler. "Regenzauber" ist ein Hochgenuss.

Michael Obert "Regenzauber - Auf dem Fluss der Götter" Droemer-Knaur 2004

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