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Auf den Spuren der Dichter durch Mähren

„Das rechte Wort zur rechten Zeit am rechten Ort: "Stoßen wir an, und trinken wir's still aus", zitiert Arthur seinen Lieblingpoeten Jan Skácel, "keinem erzählen wir, was der wein von uns weiß." Stoßen wir an, an diesem sonnigen Spätnachmittag auf der Terasse des südmährischen Weindorfes Pavlov, füllen wir die Gläser noch einmal aus den schweren Zweiliter-Flaschen, die Svatopluk, der Freizeitwinzer, in seinem schwarzgeschimmelten Keller immer wieder aufs Neue füllt! Nur mit dem stillen Austrinken hapert es schon ein wenig: Heinrich brilliert mit Karl-Valentin-Szenen, Hermann trägt Eugen-Roth-Gedichte vor, jüdische Geschichten, tschechische Geschichten, Polizeiwitze, Anzüglichkeiten - alles schwirrt durcheinander, und wer schweigt, tut es nur, weil er sich gerade Schmalzbrot und Frischkäse in den Mund stopft und mit noch mehr Wein nachspült. Selbst das Damenquartett aus dem Schwäbischen genehmigt sich jetzt - mitten am Tag - ein Gläschen. Langsam rückt die Sonne weiter, der Wein funkelt, Svatopluk, der sein Geld mit Sprechrollen beim tschechischen Rundfunk verdient, erweckt mit samtener Reibeisenstimme weitere Gedichte zum Leben und Otto breitet in einem Anfall jugendlichen Ungestüms die Arme aus und verkündet: "Da möchte man plötzlich alle Frauen umarmen!" - ja, das muss er sein, dieser Zustand, der sich in diesem Land angeblich früher oder später immer einstellt: Die mährische Heiterkeit.“


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