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Christoph Hennig "Wilde Wege, stille Dörfer –Wanderungen in den Abruzzen"

Wölfe und Räuber, Räuber und Wölfe - mehr ist es selten, was Deutschen zu den Abruzzen einfällt. Das wird sich ändern. Christoph Hennig, der seit 1971 Italien erkundet, hat sich jetzt der grandiosen Berglandschaft nordöstlich von Rom angenommen: Ein Ensemble aus schroffen Gipfeln, unzugänglichen Tälern, kahlen Hochebenen und verträumten Dörfern, das mit der größten Dichte an Nationalparks aufwarten kann - das sind die Abruzzen. Mit einem Wort: Das perfekte Wandergebiet.

Eine zweiwöchige Wanderung von Nord nach Süd bildet denn auch das Gerüst des Buches. Fast pingelig genaue Wegbeschreibungen sowie detaillierte und meinungsfreudige Restaurant- und Übernachtungstipps machen es zum idealen Reisebegleiter.

Darüberhinaus aber stecken die Abruzzen voller Geschichten. Und der Autor sammelt sie alle: Was machte Beuys in Bolognano? Warum hat eine Bar in Ofena das Bild einer Moschee an der Wand? Wie arbeiten die Wissenschaftler im unterirdischen Forschungslabor des Gran Sasso?
Hennig redet mit den Menschen am Weg und hat auch wenig bekannte Quellen studiert. Fundiert erzählt er etwa von den Anfängen der Naturschutzbewegung, von Gabriele d`Annunzio, Lammfleisch mit Steinpilzen und den Wanderschäfern, die das Bild der Region prägten - und heute vorwiegend aus Rumänien oder dem Kosovo kommen. Lediglich vor der Vielfalt der Blumen im Gran Sasso kapituliert er: Aber welcher Nichtbotaniker kann schon 2300 Arten unterscheiden?

Vor Jahren hat Christoph Hennig mit seinem Führer die Cinque Terre für deutsche Wanderer erschlossen. Ähnliches könnte sich mit den Abruzzen wiederholen. Wieder ist ihm ein Buch von hohem Gebrauchs- und Unterhaltungswert gelungen, ein perfekter Wanderführer und ein schönes Lesebuch zugleich.

Vor Räubern braucht der Abruzzen-Reisende übrigens keine Angst mehr zu haben: Die Region zählt, obwohl sie nur eineinhalb Stunden von Rom entfernt liegt, eher zu den billigeren Italiens. Wölfe und Bären aber sind, nachdem sie beinahe ausgestorben waren, heute wieder heimisch in den Bergen.

Christoph Hennig "Wilde Wege, stille Dörfer - Wanderungen in den Abruzzen", Rotpunktverlag 2007

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