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Fluss der Könige
Bangkok erleben: unter Wasser, am Wasser und vom Wasser aus


Bangkok geht baden. Seen platschen vom schwarzgrauen Himmel, Bäche schießen aus den Seitengassen, Fluten schwappen in Hauseingänge und gurgeln aus den Gullis: Wasser von oben, von unten, von überall. Der Wind fetzt die Palmen und peitscht immer neue Wasserböen in die Häuserschluchten, Blitze erleuchten Autos, die durch die strömenden Strudel mehr gleiten als fahren, bis zum Bodenblech und höher im Nass, manche bleiben auch stehen.
Fast scheint es, als wäre Bangkok an diesem Oktobernachmittag wieder zu dem geworden, was es vor nicht einmal hundert Jahren noch war: Eine Stadt im Wasser. Eine äquatische Landschaft.

In wenigen Tagen wird die Überschwemmung ihren Höchststand erreicht haben. Der Nordostmonsum hat den Südwestmonsun abgelöst, der Fluss ist angeschwollen von den Regenmassen aus Nordthailand, die das verkarstete Land dort nicht mehr aufnimmt, aus dem Süden, dem nur 40 Kilometer entfernten Golf von Siam, drückt die Flut hoch in die Stadt. Die zu allem Überfluss jedes Jahr ein paar Zentimeter tiefer in den weichen Schwemmlandgrund aus Sand und Tonerde sinkt.

Bangkok kennt das. Seit seiner Gründung 1782 musste Thailands Hauptstadt mit den Überschwemmungen im Oktober fertigwerden. "Wir waren ein Wasservolk", sagt Sumet Jumsai und zündet seine Pfeife an, "wir wussten instinktiv, wie man mit dem Wasser zurechtkommt. Wir kämpften nicht gegen die Natur an, sondern lebten mit ihr."

Der 60-jährige international renommierte Architekt und Stadtplaner hat sich lange mit den anthropologischen Grundlagen der Völker Südostasiens beschäftigt. "'Venedig des Ostens' - dieser Titel ist nicht ganz richtig. Bangkok glich viel mehr einer schwimmenden Stadt." Zwar gab es ein Netz von Kanälen, aber die Menschen wohnten zum größten Teil auf Booten oder in leichten Häusern auf Stelzen, zwischen denen die Fluten ungehindert strömen konnten. Selbst die wenigen festen Bauten, Tempel vor allem, beschworen in ihren geschwungenen Dächern das Wasser.
Und was ist geblieben von diesem äquatischen Instinkt? "Nehmen sie unseren Verkehr", sagt Sumet Jumsai und lächelt, "wenn er tatsächlich einmal fließt. Dieses gekonnte Aneinandervorbeigleiten und Sich-Durchschlängeln der Autos - erinnert das nicht an das Manövrieren der Boote auf einem belebten Strom? Es sitzt uns einfach in den Genen."

Was freilich das Stadtbild angeht, spielt das Element Wasser keine Rolle mehr. Das glaubt jedenfalls, wer vom Bayoke II Tower über die Stadt blickt, jenem gigantomanischen Beton- und Glassilo, das mit 465 Metern das höchste Asiens werden sollte, aufgrund der Wirtschaftskrise aber schon nach 309 Metern gedeckelt wurde und deshalb den Ruhm des Rekords nach wie vor den 450 Meter hohen Petrona Towers in Kuala Lumpur überlassen muss.

Bis zum Horizont erstreckt sich ringsum im Dunst eine grau-weiße Ansammlung von Quadern, Blöcken, Würfeln und Zylindern, unterbrochen von einigen grünen Flecken und geschwungenen Bändern auf Pfeilern. Im Südosten drängen sich Hochhäuser dicht an dicht, gerade als hätte ein warmer Regen die Betonpilze aus dem Boden schießen lassen. Tatsächlich gewinnt der Betrachter von hier oben einen Eindruck, wo die zehn, elf oder gar schon zwölf Millionen Einwohner dieser Stadt unterkommen mögen. Der große Fluss aber ist an den Rand gerückt, und lediglich zwei oder drei Kanäle schneiden als lange, gerade Linien die Wüste aus künstlichem Stein.

Und doch: 1050 Kanäle, Bäche und Flüsse, mit einer Gesamtlänge von 1900 Kilometern durchziehen den bald 2000 qkm umfassenden Großraum Bangkok. Teeradej Tangpraprutgul, einer der Direktoren im Amt für Abwasser und Kanalisation, ist stolz auf diese Zahl. 2000 Angestellte, dazu ein paar hundert Saisonkräfte, sind damit beschäftigt, die Wasserwege zu reinigen, zu befestigen, auszubaggern und flutsicher zu machen. Sie sind für viele Bewohner Bangkoks nach wie vor unverzichtbare Verkehrsverbindungen. Und für Touristen gilt: Wer sich dem Moloch Stadt entziehen will, der gehe aufs Wasser.

Die wichtigste Wasserader der Stadt ist nach wie vor der Fluss: Der Chao Phraya - "Dao Praiá", wie sie ihn aussprechen -, ist zwischen 300 und 400 Meter breit, zehn Meter tief und schiebt pro Sekunde 600 Kubikmeter Wasser heran - in der Trockenzeit. Jetzt sind es bis zu 2000.

Der Fluss erwacht um sechs Uhr morgens. Die ersten Fähren queren - schließlich sind es im eigentlichen Zentrum nur drei Brücken, die die ehemalige Hauptstadt Thonburi mit dem modernen Bangkok verbinden. Schlepper ziehen tief im Wasser liegende Lastkähne voller Kies hinter sich her, Inseln aus Wasserhyazinthen treiben flussabwärts, ein Schlauchboot der Polizei hat sein kreisendes Rotlicht eingeschaltet. Auch ein paar gelb-grüne Longtailboote quirlen schon die braunen Fluten und brettern, den schmalen spitzen Schnabel keck überm Wasser, mit halbleeren Gemüsekörben von ihrer Verkaufstour nachhause. Entschlossen und zügig schieben sich die Expressboote durchs Wasser und spucken an den Haltestellen elegant gekleidete Männer und Frauen aus, die spätestens um neun im Büro sein müssen.

Sie machen Platz für die Touristen. Expressboote sind in Bangkok die besten Freunde der Besucherinnen und Besucher. Sie bleiben nicht im blauen Abgasnebel stecken, laufen die wichtigsten Sehenswürdigkeiten an und - ihre Schaffner streiten nicht. Die Fahrt kostet sechs oder acht Baht. Basta. Egal ob Thai oder Ausländer.

Wat Arun ist auf dem Fluss zu erreichen, "Tempel der Abenddämmerung" für die einen, für andere der der "Morgenröte", dessen fünf Türme über und über mit einem Muster aus Porzellanscherben verziert sind. Oder Wat Pho, der den 46 Meter langen Ruhenden Buddha birgt. Und natürlich Wat Phra Keo, diese Ansammlung Dutzender von Tempeln, Türmen und Kuppeln, geschmückt mit zahllosen Elefantenstatuen und glitzernden Glasmosaiken, geheiligt durch die Anwesenheit des Smaragdenen Buddha aus Jade, dessen Gewand der König persönlich dreimal im Jahr wechselt. Im Audienzsaal des benachbarten Königspalastes steht der Goldene Thron. Ein Foto zeigt König Bhumibol Adulyadej, Rama IX, wie er 1947 das erste Mal darauf saß. Etwas verloren wirkte er da noch - heute füllt er seinen Platz außerordentlich gut aus.

Auch das Hotel "Oriental" liegt am Fluss, das mit großer Selbstverständlichkeit das Attribut "legendär" für sich in Anspruch nimmt. In der "Authors Longue" nimmt der Gast auf weißlackierten Korbmöbeln Platz und wählt aus einem Dutzend Tee- oder Kaffeesorten. Eine geschwungene weiße Treppe führt nach oben zu den Suiten, die nach Joseph Conrad, Sommerset Maugham, James Michener und Noel Coward benannt sind. Walter Berg, der mit seinen "Gesichtern Asiens" im Bücherschrank der Autoren vertreten ist, die sich hier inspirieren ließen, hat es noch nicht so weit gebracht. Ab 250 Dollar pro Nacht sind auch literarisch weniger bedarfte Geister willkommen. Im benachbarten "Shangri-La" kostet der gleiche Luxus bloß 180 Dollar.

Am Abend wird es feierlich auf dem Fluss. Beleuchtete Fähren kreiseln auf dem Wasser, wie Häuser, die sich losgerissen haben. Von Dinner-Booten klingt Lachen und Musik. Auf dem Oberdeck der "Horizon" servieren Stewards in weißen Uniformen Cocktails. Die Lichter am Ufer sind eher sparsam gesetzt und betonen den Charakter einzelner Gebäude. Wie helle Nadeln stechen die Spitzen von Wat Arun in den Nachthimmel, die aufeinandergestülpten Dächer des Königspalastes ragen hoch wie die Steven goldener Boote. Nur das Elektrizitätswerk erstrahlt in hellem Schein - aber die haben es ja. Ein warmer Wind streichelt die Haut, vom Büffet duften Meeresfrüchte- und Selleriesuppen, Chiang-Mai-Würstchen und Fischsalat, Ananasreis und Muschelsoufflees und all die verschiedenen Currys - die Thai-Küche ist ohne Zweifel eine der besten der Welt.
Und zum Dessert aus betörend riechenden reifen echten und entzückend anzusehenden winzigen künstlichen Früchten aus Bohnenmehl und Sirup gleitet Assumption Church vorbei, und die weißen Fassaden der Gebäude, die einst der East Asiatic Company gehörten und die perfekte Kulisse für "Saigon" und William Defoe abgaben.

Anderntags ist die "Horizon" unterwegs nach Norden. 60 Kilometer sind es nach Ayutthaya, der alten Hauptstadt Siams. Boonthin Phoochangthong, der junge Kellner, fährt die Strecke täglich und kennt alle Sehenswürdigkeiten: Da sind die Obstplantagen auf der Insel Ko Kret und die Dörfer, in denen seit 500 Jahren getöpfert wird. Da thront das Gefängnis, "Department of corrections", Besserungsanstalt heißt es euphemistisch, und über Wat Phailom schweben Dutzende von Störchen, Nachzügler jener 20 0000 Vögel aus Sibirien, die zwischen Januar und Juli den Himmel verdunkeln. Hausboote, deren bauchige, graue Rümpfe den Kokosnüssen ähneln, die im Wasser dümpeln, sind am Ufer vertäut, Heimstatt für Saisonarbeiter vom Land. Dann wieder rattern Sägewerke und dröhnt es von den Tanks von "Mitsubishi-Oil", die "Boon Rawd Brewerie" braut "Singha"-Bier, Pepsi füllt Cola ab und alle leiten sie ihre Abwässer in den Fluss. Und immer wieder dazwischen: Farbige Ornamente, glitzernde Dächer, geschwungene Giebel in Gold: Chedis, Prangs, Prassats. Tempel und Türme.

War der Chao Phraya einst die wichtigste Lebensader Bangkoks, so bildeten die Kanäle ein dichtes Geflecht kleiner und kleinster Blutbahnen. In Thonburi pulsiert in einigen das Leben noch immer.
Knatternd biegt das Longtailboat in den Klong Bangkok Yai. Und gleitet schon nach wenigen Metern durch ein ganz anderes Bangkok: Hier gibt es noch die Häuser auf Pfählen, auf deren Treppen Frauen Geschirr abwaschen und Hunde in der Sonne dösen. Schwimmende Imbissbuden sind mit Klebereis und Papaya-Salat unterwegs, Männer angeln oder legen auf Gittern kleine Fische zum Trocknen aus, Kinder machen sich in Wassertaxis auf den Weg zur Schule. Häuser aus schimmerndem rotem Holz mit filigran geschnitzten Veranden wechseln mit zerfallenden Buden aus Wellblech, Felder aus Wasserspinat wuchern dazwischen, Vögel zwitschern in den Jackfruit- und Rosenapfelbäumen.
Auch die schwimmenden Märkte waren hier zuhause. Doch was heute an Samstag- und Sonntagmorgen dort stattfindet, gleicht angeblich einer drittklassigen Folkloreshow: Viel Publikum, wenige und lustlose Akteure.

Es ist eine malerische Ecke der Stadt - nicht zu verwechseln mit einem der Slums. Hier wohnen neben Müllwerkern und Lehrern durchaus auch wohlhabende Bürger, oft schon seit Generationen, denn das Haus der Ahnen zu verkaufen bringt Unglück. Das Wasser ist lehmig braun, manchmal treiben Plastikflaschen oder ein Gummischlappen darin. "Früher achtete jeder darauf, das Wasser sauberzuhalten", erklärt Teeradej Tangpraprutgul. "Doch sowie die Klongs eigenes Trinkwasser bekamen, kümmerte sich niemand mehr darum." Auch die Abwässer laufen in die Klongs. Von sieben geplanten Kläranlagen für Bangkok ist eine ganz, die zweite zum größten Teil fertiggestellt. Dennoch ist die Wasserqualität in den ringförmig verlaufenden Kanälen besser, als man erwarten würde. Pumpstationen drücken Wasser hinein und heraus und sorgen so für eine gewisse Umwälzung: Genügend Sauerstoff für Leben in den Wellen.

Am Wat Chang Lek im Klong Mon verkauft ein alter Mann Weißbrotlaibe. Wirft man sie ins Wasser, tauchen sofort Rücken an Rücken unterarmlange Welse auf und balgen sich klatschend um die Brocken. Vor dem Tempel dürfen sie nicht geangelt werden - und sie scheinen es zu ahnen. Auch Aale, Salamander, Schildkröten sollen aich in den Kanälen noch tummeln. "Früher, wenn das Wasser stieg, und wir alle auf den Boden dicht unterm Dach umziehen mussten, flüchteten sich oft auch Legunae, Ameisen und Schlangen ins Trockene", erzählt der alte Mann. Heute sollen Schleusentore an den Mündungen zum Fluss das Hochwasser in Grenzen halten.

Am San Sap ist alles anders. Dieser Kanal quert die Stadt von West nach Ost, ist 17 Kilometer lang und für viele Menschen der tägliche Weg zur Arbeit. Die Fahrt auf dem Expressboot bis zum Vorort Bang Kapi dauert eine Stunde und kostet 15 Baht.
Die Ufer des San Sap sind nicht touristisch aufgehübscht. Die Haltestellen sind nur in Thaischrift ausgeschildert, Bettzeug lüftet, Suppe dampft, Wäsche trocknet in den Hinterhöfen. Es riecht nach Durianfrüchten und Benzin, Räucherstäbchen und Blumen. Der Diesel rattert, die beiden Schaffner, die auf dem Boote entlangturnen, tragen Helme: So wie das Schiff zwischen den engen Brücken hindurchschießt, wundert es nicht, dass immer mal wieder einer von ihnen an den Pfeilern zerschellt.
Seitlich am Boot hängen blaue Plastikplanen, die sich nach oben ziehen lassen, als Schutz gegen das Spritzwasser. Es ist nicht so sehr der grobe Dreck, der im Wasser treibt - das Wasser selber ist der Dreck. Trübe Abwaschbrühe, schmutzig-braun, wo sie vor sich hinplätschert, schmutzig-gelb, wenn sie hochspritzt. Einige Passagiere halten sich Tücher vor die Nase. Aber der Geruch ist erträglich. Während der Trockenzeit, sagen die, die es kennen, stinke es hier manchmal bestialisch. Schon ziehen einige die Plane hoch: Wer hier unterwegs ist, will nichts sehen. Sondern ankommen, möglichst schnell.

Bei Jim Thompsons Haus etwa, einem Ensemble rotbrauner Teakgebäude, die der Amerikaner, der die thailändische Seidenproduktion zum Laufen gebracht hatte, aus Ayutthaya hergeschafft hatte. Sie verjüngen sich leicht nach oben, der besseren Lüftung wegen, und beherbergen Porzellan aus China, Zaubererfiguren aus Burma und ein thailändisches Mäusehaus für Kinder. In den Zimmern herrscht eine warme und doch luftige Atmosphäre, ein gepflegter tropischer Dschungel überwuchert die kleine Ansiedlung, neben der die Boote vorbeischießen wie getunte Traktoren - eine seltsam unwirkliche grüne Oase mitten im erstarrten Zement.

Nein, eine Rückkehr Bangkoks in die äquatische Idylle wird es nicht geben. Heute geht es darum, den Menschen das Vorankommen im Chaos aus Blech und Beton zu erleichtern. Die 20 Kilometer Hochbahn, die im Dezember eröffnet werden, helfen sicher weiter. Und auch die 20 Kilometer Metro, die noch im Bau sind.
Gleichzeitig aber gilt es, die Orte, an denen die Wasserkultur noch lebt, vor dem Zugriff der Investoren zu schützen. Gerade hat das "Fine Arts Department" beschlossen, dem Bau einer Hochbahntrasse über den Klong Phasi Charoeng nicht zuzustimmen. Sumet Jumsai hat sich gegen das Vorhaben engagiert - einer der letzten Erfolge in seinem jahrzehntelangen Kampf um den Erhalt historischer Plätze und Gebäude. "Die ökonomische Krise ist eine Chance. Viele Bauvorhaben sind eingefroren, viele Häuser, die längst abgerissen werden sollten, stehen noch, weil das Geld fehlt."
Doch Thailands Wirtschaft ist auf dem Weg der Besserung, und damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass seine Kapitale den alten Weg bald wieder entschlossen weitergeht: Hin zu einem "Osaka Südostasiens, einer zugepflasterten Betonödnis, überzogen von Spaghetti aus Zement."

So ganz aber will Sumet Jumsai von einer Vision nicht lassen: Dem Plan einer schwimmenden Stadt im Golf von Siam, einem Konglomerat aus Pontons, Tragflügelbooten, Inseln und Stegen, das Raum genug bietet für ein aus allen Nähten platzendes Bangkok von künftig 20, 25 Millionen Einwohnern.
"Wir müssen unseren äquatischen Instinkt wiederentdecken. Er ist verborgen, aber er lebt", sagt er. "Das zeigen Feste wie Loy Krathong, bei dem wir uns bei der Göttin des Wassers mit schwimmenden Lichtern entschuldigen, dass wir ihr Element verschmutzt haben."

Oder auch die Prozession der Königlichen Barken. Sie findet nur zu ganz besonderen Ereignissen statt: 1966 etwa, anlässlich der 50-jährigen Regentschaft von König Bhumibol. Oder 1987, als er 60 Jahre alt wurde. Und auch in diesem November, zur Feier der Vollendung seines sechsten 12-Jahre-Zyklus' am 5. Dezember.

Aus dem Lautsprecher tönt endlos eine Hymne. Und endlich, nach langer Wartezeit kommen sie in Sicht: Die ersten der 52 Boote, die in Fünferreihe den Fluss herunterziehen. Ganz langsam rücken sie näher. Trommeln werden lauter, Trompetensignale fliegen übers Wasser, ein getragener Gesang dringt herüber. Schwarze Boote tragen Ruderer in schwarzer Tracht, goldene werden von rotgewandeten Kriegern bewegt, über 2000 Marinesoldaten sind im Einsatz. Mit genau abgezirkelten Bewegungen heben sie ihre Paddel in die Luft, verharren einen Augenblick und stechen dann gemeinsam ins Wasser.

Eigentlich ist es eine historische Militärparade: Das Wasservolk der Thai zeigte seine Stärke auf dem Fluss, und die bunten Ordensbänder der Marineoffiziere am Ufer schaffen immer noch die Verbindung zu den farbenprächtigen Uniformen der Soldaten dort draußen. Sonnenstrahlen lassen die goldenen Schnäbel, die Dämonen-, Schlangen- und Drachenköpfe der Boote aufblitzen, ruhig und feierlich, in gelassenem Rhythmus zieht die Prozession vorbei.

An Wat Arun legt "Narai Song Suban", die Barke des jetzigen Königs an, der Herrscher übergibt den Mönchen gelbe Roben als Geschenk, dann macht der Zug kehrt und gleitet langsam über den Fluss zurück nach Norden.

Es ist ein Bild stiller Würde, und trotz der klickenden Kameras und der vielen Touristen kein Spektakel. Einst zeigte sich so Siams ganze Pracht. Heute ist die Prozession ein Ausdruck der Wertschätzung des Königs. Und ein Versuch, die Einheit des Landes zu beschwören, symbolisiert in seiner Person.

Aber wohl nicht zu Unrecht befürchten viele der Menschen am Ufer, dass der Fluss der Könige, der soviele Monarchen hat kommen und gehen sehen, hier und jetzt den letzten wirklichen König des Landes vorbeiträgt.

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