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Marc Walter, Alain Rustenholz "Legendäre Reisen in Deutschland"

Allein das Gepäck! Robuste Schweinslederkoffer mit schweren Beschlägen hatten die Pagen aus der Kalesche zu wuchten, verziert mit Aufklebern des Adlon in Berlin oder des Hamburger Vier Jahreszeiten.
Und dann die Ziele! In Köln wurde ab 1842 nach 300 Jahren Stillstand der Dom fertiggebaut, in Bayreuth gab man Wagner, in München lockte schon ab 1810 das Oktoberfest, und wer auf sich hielt, verkostete die großen Jahrgänge des Rheinweins 1857 oder 1868 natürlich an Ort und Stelle.
Nein, auch die Deutschen waren nicht gegen die "Englische Krankheit", das Reisen, gefeit. Hatte im 18. Jh. nur die vornehme Welt Vergnügungsreisen unternommen, so entdeckten Ende des 19.Jh. auch die Mittelschichten die "Sommerfrische" für sich. Und die Kollegen von der schreibenden Zunft waren bald tüchtig am Werk, ihrem Publikum die Schönheiten Deutschlands nahezubringen.
Ihre Beschreibungen, illustriert mit Photographien, Werbeprospekten und Postkarten verdichten sich zu einem stimmungsvollen Bild des touristischen Deutschland bis ins erste Drittel des 20. Jh. Auf über 300 abwechslungsreich gestalteten Seiten mit eingehefteten Faksimiles von Hotelzetteln, Theaterbillets und Menüfolgen erfährt der Leser, wie sie reisten, speisten und logierten, damals. Und unmittelbar überkommt ihn größte Lust, aufzustehen, loszufahren und vor Ort zu gucken, was geworden ist aus all der Herrlichkeit, auf dem Brocken und am Bodensee, rund um Rügen, Rhein und Rothenburg.

Marc Walter, Alain Rustenholz "Legendäre Reisen in Deutschland", Frederking & Thaler 2004

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