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Klaus Kreiser "Istanbul – Ein historisch-literarischer Reiseführer"

Die Einschränkung vorneweg: Wer wissen will, wo heute in Istanbul die angesagte Musik spielt, geht leer aus. Auch wer einen systematischen Reiseführer "Verpassen Sie keinesfalls..." sucht, liegt hier falsch.

Klaus Kreiser geht es um etwas anderes: Er hat viele Archive durchforstet und eine Reihe historischer Dokumente wie literarischer Texte zusammengestellt, mit dem Ziel, "Lesern und Reisenden die Stadt Istanbul mit den Augen der Osmanen näherzubringen".

Was verdiente ein Beamter im Außenministerium 1902? Welche Vorschriften gab es für das Kochen von Kutteln? Warum hießen die Lotterbuben so? Wie kamen Juden, Armenier, Griechen mit den Moslems zurecht? Was hatte es mit den berühmten Straßenhunden auf sich? Kurz: Wie lebte es sich am Bosporus in den vergangenen Jahrhunderten, bis zur Gründung der Republik 1923?

Ob Baumeister Sinans Moscheen, die Gräberstraße von Eyüp, die unterirdischen Zisternen - zu fast allen wichtigen Attraktionen steuert Keiser Anekdoten und geschichtliche Details bei. Darüberhinaus aber rückt er eine Reihe wenig bekannter Sehenswürdigkeiten ins Blickfeld: Die Mutterklöster der Derwische etwa, die Bibliothek des Atif Efendi, Kuleli, die Militärakademie am Bosporus.

Brände und Erdbeben, die Wasserversorgung des Topkapi Seray, der Unterricht in den Medresen - aus einer Vielzahl von Informationen entsteht so nach und nach ein abwechslungsreiches, farbiges und fundiertes Bild des einstigen Alltags in der Stadt am Goldenen Horn.

Das liest sich natürlich nicht einfach so weg. Aber es ist eine faszinierende Lektüre für Reisende, die tiefer in die Geschichte der türkischen Metropole eindringen wollen. Ob vor Ort, im Schatten der Hagia Sophia. Oder bei einem Glas Raki, auf den Polstern zuhause.

Klaus Kreiser "Istanbul - ein historisch-literarischer Reiseführer", Beck 2001

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